Algen

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Wie verhindert man lästige Algen im Aquarium?

von Jörg Ohliger

 

Vorbemerkungen: 

Dieser Artikel basiert auf eigenen Erfahrungen eines langjährig betriebenen Hobbys. Selbstverständlich übernehme ich keine Gewähr für irgendetwas.

Falls Sie mit Ihrem Aquarium zufrieden sind, lassen Sie alles so wie es ist, auch wenn hier etwas anderes steht.

Egal ob Sie meiner Meinung sind oder nicht, oder ob Sie noch gar keine Meinung haben: bitte beteiligen Sie sich an der Fragebogenaktion. Der zeitliche Aufwand beträgt nur eine Viertelstunde, und die Ergebnisse können für Sie und alle anderen vielleicht von Nutzen sein.

 

Was meiner Ansicht nach gegen Algen nicht hilft:
Algen sind in jedem Aquarium latent vorhanden. Sie auszurotten ist unmöglich. Es kommt nur darauf an ob sich die Algen entwickeln können oder nicht. Vor diesem Hintergrund erscheinen großangelegte Säuberungsaktionen bzw. "Desinfektionen" sinnlos.

Einige Autoren empfehlen den Einsatz algenfressender Fische. Das mag ja in einem Aquarium mit mäßigem Algenaufkommen und sehr geringen Futtergaben einigermaßen funktionieren. Ich wüsste nur gerne, wie man einer Saugschmerle beibringt nun ausgerechnet die Pinselalgen zu fressen, wenn andererseits erlesenstes Frost- und Trockenfutter im Angebot ist. Fazit: Für ein Diskusbecken ungeeignet.

Chemische Algenbekämpfungsmittel: Die Zusammensetzung ist in der Regel geheim, eine Wirkung auf Algen schwach bis nicht vorhanden, Nebenwirkungen auf Pflanzen nicht unwahrscheinlich und auf Fische nicht auszuschließen. Überflüssig sind sie alle. Sollte ein Medikament wirklich zu einem Rückgang der Algenplage führen, wird sich nach Absetzen des Wirkstoffs schnell der alte Zustand wieder einstellen, sofern sonst nichts verändert wird.

Ein Autor eines "Fachbuches" für Aquaristik behauptet, dass Pinselalgen bei einer Leitfähigkeit von unter 200 mikroSiemens/cm absterben. Ich habe das ausprobiert, ohne jeden Erfolg. Die Toleranzgrenze für die Pinselalgen schien niedriger zu liegen als die der Pflanzen. Diese "Empfehlung" wird verständlicher, wenn man weiß, dass der o.a. Autor stark an einem Verkauf von Ionenaustauschersäulen interessiert ist.

 

Was kann man tun?
An dieser Stelle möchte ich all jenen Mut machen, denen Algen das schöne Hobby zu vermiesen drohen: Es ist möglich, alle Algenarten zuverlässig zurückzudrängen, wenn bei der Einrichtung eines Aquariums und bei der Pflege einige Dinge beachtet werden:

Geht es den Pflanzen gut, ist das schlecht für die Algen. Das ist selbstverständlich keine neue Erkenntnis. Was benötigen die Pflanzen zum Wohlergehen? Licht, Kohlenstoffdüngung, Spurenelemente und geeignete Temperaturbedingungen.

Licht hat wohl jeder über dem Aquarium. Es ist nicht unbedingt erforderlich sehr wattstarke Lampen zu installieren. Vielmehr müssen alle Umweltbedingungen im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Viel Licht erhöht den "Pulsschlag", erfordert aber auch mehr Kohlenstoff und Spurenelemente. Die höhere Lichtleistung lässt die Pflanzen mehr Sauerstoff produzieren, dieser oxidiert die Spurenelemente und macht sie für Pflanzen unbrauchbar. Wird jetzt nicht ordentlich nachdosiert, kommt es zum Desaster. Ich will damit sagen, es ist mitunter einfacher, so ein kleines Biosystem mit weniger Licht "auf kleiner Flamme zu kochen".

Kohlenstoffdüngung mit einer CO2-Düngeanlage ist heute beinahe Standard. Der CO2-Gehalt des Wassers kann mit handelsüblichen Reagenzien gemessen, oder aus pH-Wert und Karbonathärte unter Zuhilfenahme einer Umrechnungstabelle (z.B. aus Werbebroschüren diverser Hersteller oder Krause, Handbuch Aquarienwasser) bestimmt werden. 10 bis 15 mg/Liter sind im Normalfall ausreichend, bei starker Beleuchtung darf´s etwas mehr sein. Höhere CO2-Gehalte werden z.B. von Cryptocorynen nicht so gut vertragen, 40 mg/L sollten mit Rücksicht auf die Fische auf keinen Fall überschritten werden.

Bei Aquarien mit mäßiger Beleuchtung, geringer Oberflächenströmung und vor allem ohne Belüftung kann nach längerer Einfahrzeit das im Filter erzeugte CO2 durchaus ausreichend sein, so dass auf eine Nachdüngung verzichtet werden kann. Über die problematische Einfahrzeit hilft evtl. auch eine selbstgebastelte Bio-CO2-Anlage hinweg: Man nehme einen Kanister (mindestens 10 Liter), fülle ihn halb voll (Aquarien-)Wasser, gebe ein Paket Trockenhefe und ein Pfund Zucker hinein. Das entstehende CO2 leitet man über einen in den Deckel eingeklebten Anschlussstutzen, einen Luftschlauch und einen Holzausströmer in das Aquarium. Darauf achten, dass sich kein übermäßiger Druck aufbauen kann, sonst explodiert der Kanister. Vorsicht auch bei kleinen Aquarien oder weichem Wasser, durch große CO2-Entwicklung kann der pH-Wert in den ersten Tagen zu stark absinken. Unbedingt im Auge behalten und kontrollieren, bei Bedarf CO2 mittels Durchlüftung austreiben!

Spurenelemente sind das zentrale Thema im Zusammenhang mit Pflanzenwuchs und Algen. Sind alle benötigten Nährstoffe und Spurenelemente in ausreichender Menge vorhanden, wird alles gut. Fehlt auch nur ein Element, können die Pflanzen nicht wachsen. Das schafft beste Voraussetzungen für Algen. Der Gehalt an verwertbaren Spurenelementen im Wasser wird durch zwei Faktoren bestimmt: Verbrauch durch Abbau, und Nachdosierung.

Der Abbau erfolgt im wesentlichen durch Oxidation und ist u.a. abhängig von der Redoxspannung des Wassers. Sauerstoff hebt die Redoxspannung (auch Redoxpotenzial genannt), oxidierbare Stoffe (organische Verbindungen, Spurenelemente) senken sie. Je höher diese Redoxspannung, umso schneller werden die Spurenelemente ausgefällt (braun-schwarzer Schlamm im Filter). Man hat festgestellt, dass Algen mäßig hohe Redoxspannungen bevorzugen. Bei niedrigeren Redoxspannungen gedeihen Sie nicht. Damit ist die Marschrichtung für von Algen geplagte Aquarien klar: Die Redoxspannung muss herunter.

Dazu ist es nicht erforderlich, die Spannung zu messen (ist auch gar nicht so einfach einen vergleichbaren Messwert zu erhalten). Ein brauchbarer Indikator ist der Nitratgehalt: hoher Nitratgehalt = hohe Redoxspannung = schlechtes Pflanzenwuchsklima = gute Wuchsbedingungen für Algen. Allgemein gesagt ist folgendes zu beachten: Der Sauerstoffgehalt darf nicht zu hoch sein (3 mg/Liter sind genug, 5 mg sollten nicht überschritten werden) und es sollten schwach durchströmte, sauerstoffarme Zonen vorhanden sein in denen Reduktionen (Nitrat - Nitrit - Stickstoff, dreiwertiges zu zweiwertigem Eisen, usw.) stattfinden können.

Praktisch heißt das: Viel Bodengrund mit feiner Körnung einbringen, der aber nicht verstopfen darf. Die besten Erfahrungen habe ich mit Sand mit einer Körnung von 1-3 mm. Für Durchströmung sorgt eine schwache Bodengrundheizung. Auf keinen Fall Bodenfluter verwenden. Den Filter langsam laufen lassen, Durchsatz ca. 30% des Beckenvolumens pro Stunde (ausgenommen Schnellfilter mit kleinem Filtervolumen), keinen Rieselfilter verwenden. Durchlüftung nur soweit unbedingt erforderlich, evtl. tagsüber abschalten. Aber Vorsicht: Änderungen nur schrittweise unter genauer Beobachtung herbeiführen, möglichst den Sauerstoffgehalt messen.

Erhöhte Futtergaben senken die Redoxspannung zunächst auch. Das anschließend im Nitrifikationsprozess entstehende Nitrat hebt die Spannung aber wieder an, so dass unter dem Strich betrachtet der Schuss meistens nach hinten los geht. Daher sollte man lieber prüfen, ob nicht etwas weniger Futter auch ausreicht.

Der Nachdosierung von Spurenelementen wird oft zu wenig Beachtung geschenkt. Eine alte Binsenweisheit besagt, dass hohe Düngerzugaben Algenwuchs fördern: Das kann ich nicht bestätigen! Dennoch kann man auch beim Düngen Fehler machen, es kommt auf die richtige Zusammensetzung an. Wie oben angeführt, darf kein Spurenelement fehlen. Da der Aquarianer in der Regel nicht weiß, an welchen Elementen es mangelt,  ist von Spezialdüngern wie z.B. Eisendüngern abzuraten. Es sollte nur hochwertiger Volldünger verwendet werden. Die benötigte Menge hängt vom Verbrauch ab (s.o.). Die Herstellerangaben können zunächst als Anhaltspunkt dienen, genauere Erkenntnisse sind nur durch Experimentieren zu gewinnen. Dabei kann die benötigte Menge durchaus erheblich größer sein als vom Hersteller empfohlen, insbesondere wenn ein Rieselfilter die dosierten Spurenelemente sofort wieder ausfällt. Wird zuviel Dünger auf einmal zugegeben, besteht durch die anschließende Sauerstoffzehrung Gefahr für die Fische, daher sollten die Düngezugaben möglichst kontinuierlich in kleinen Mengen erfolgen, auch um ein gleichbleibendes Niveau im Wasser zu halten. Sehr komfortabel erledigt diese Aufgabe eine Dosierpumpe. Die ist zwar nicht ganz billig, aber jeder sollte sich fragen, wie viel Geld er schon für weniger nützliche technische Einrichtungen oder für neue Pflanzen ausgegeben hat.

In den meisten Diskusaquarien herrschen keine optimalen Temperaturbedingungen für viele Pflanzen. In der Natur kommen Diskusfische überwiegend bei Wassertemperaturen von 25-29°C vor. Dagegen empfehlen viele Autoren und Züchter eine Hälterungstemperatur von 30°C, was die Auswahl der geeigneten Pflanzen stark einschränkt. Zur Begründung wird eine höhere Krankheitsanfälligkeit bei niedrigen Temperaturen herangezogen.

Dieser von vielen Züchtern zweifellos richtig beobachtete Zusammenhang ist zunächst nicht von der Hand zu weisen. Es muss einen Grund geben, warum die Hälterung der Tiere in der Gefangenschaft nur bei von den natürlichen Bedingungen abweichenden Temperaturen gelingen soll. Und diesen Grund gibt es tatsächlich, es ist die Ernährung. Viele Diskusfische werden überwiegend mit Rinderherz gefüttert, weil es ein billiges Mastfutter ist und weil das schon immer so gemacht wurde. Neuere Erkenntnisse besagen, dass Fleisch von Warmblütern (es ist egal ob Rind oder Pute) eigentlich ungeeignet für die Ernährung der Diskusfische ist. Ich verweise hier besonders auf den Artikel "Ernährung der Diskusfische" von Dieter Untergasser im Diskus Brief 01/98. Das enthaltene Fett kann zwar von warmblütigen Organismen bei einer Körpertemperatur von 37°C gut umgesetzt werden, nicht jedoch von Fischen, deren Körpertemperatur der Umgebungstemperatur entspricht. Je niedriger diese Umgebungstemperatur ist, umso größere Probleme hat der Organismus mit der Verdauung dieser Fette.

Ich bin davon überzeugt, dass parasitäre Darmerkrankungen bei Diskusfischen überwiegend auf falsche Ernährung zurückzuführen sind (manche Diskusliteratur ließt sich wie ein pharmakologisches Fachbuch, während der Krankheitsvorbeugung vergleichsweise wenig Raum gewidmet wird). Kurzum, wird auf die Verfütterung von Herz verzichtet, können die Tiere problemlos bei 27-29°C gehalten und damit bessere Voraussetzungen für die Pflanzen (und für die Fische) geschaffen werden.

Für selbstverständlich halte ich einen regelmäßigen Teilwasserwechsel, dessen Intensität sich an der Besatzdichte orientiert. Auch hier gilt die Devise: lieber öfter und weniger als zuviel auf einmal.

Werden Veränderungen an einem Aquarium vorgenommen, sind die (erhofften?) Auswirkungen oft erst Wochen oder Monate später zu beobachten. Daher bitte nicht ungeduldig werden, wenn´s nicht sofort funktioniert. Werden mehrere Änderungen in kurzem zeitlichen Abstand vorgenommen, ist eine Zuordnung der später eintretenden Wirkungen zu den getroffenen Einzelmaßnahmen nicht möglich.

In besonders schweren Fällen, bei denen die Algen sich hartnäckig weigern den Geist aufzugeben, empfehle ich den Einsatz eines biologischen Denitrifikationsfilters. Der finanzielle Aufwand für ein wartungsarmes System ist allerdings beträchtlich. Auf jeden Fall darf ein solcher Filter nur nach genauer Anleitung betrieben werden, Experimente leichtsinniger Aquarianer werden im schlimmsten Fall mit Totalverlust der Fische bestraft. Die algenhemmende Wirkung eines Denitrifikationsfilters beruht darauf, dass die Redoxspannung (s.o.) des Wassers nachhaltig gesenkt wird. Damit ist zwangsläufig auch eine höhere Bakterienbelastung des Wassers verbunden, die sich negativ auf den Laich und auf Jungfische auswirken kann.

 

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