Denitrifikationsfilter
auf Essigsäurebasis
Anlässlich eines Umzuges baute ich mir auch ein komplett neues, maßgeschneidertes Aquarium auf. Das Ergebnis habe ich in dem Artikel "Ein Pflanzenaquarium für Diskusfische" veröffentlicht. Das Becken wurde so gestaltet, dass es ohne zusätzliche Maßnahmen viel Nitrat abbauen kann. Das hat bei dem in dem Artikel beschriebenen Fischbesatz auch sehr gut funktioniert. Als ich dann zeitweise bis zu 25 junge Diskusfische darin großzog, stieg der Nitratgehalt auf 50 bis 60 mg/l an. Das lag sicher auch an der zu diesem Zeitpunkt noch praktizierten Fütterung mit Rinderherz, was ich nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr machen würde. Obwohl die Nitratwerte nicht so hoch waren, dass zwingender Handlungsbedarf bestanden hätte, beschloss ich wieder einen Nitratfilter aufzubauen. Das einfachste wäre natürlich gewesen, den Filter aus der alten Wohnung wieder zu verwenden: Der passte aber leider nicht in den Schrank. Außerdem hatte mich an dem Filter gestört, dass bei niedrigem Nitratgehalt immer die Gefahr bestand, zuviel Stärke zu dosieren. Dann produzierte der Filter Schwefelwasserstoff. Die Fische schien das nicht erkennbar zu stören, aber es roch für einige Stunden sehr unangenehm im Wohnzimmer. Warum
Essigsäure?
Der neue Denitrifikationsfilter sollte mit Essigsäure als Kohlenstoffquelle für die Bakterien betrieben werden. Das hat folgende Vorteile:
Nachteilig ist eigentlich nur der größere Aufwand für Dosierpumpe (ca. 400 DM), Messgerät Redoxspannung (ca. 300 DM) und Filtermaterial (ca. 25 DM/Liter). Auslegung
des Filters
Das Aquarium hat einen Wasserinhalt von gut 700 Litern. Der Durchfluss des Denitrifikationsfilters soll zwischen 1/100 und 1/200 des Wasservolumens pro Stunde betragen, also 3,5 L/h bis 7 L/h. Die zuvor gewonnenen Erfahrungen hatten gezeigt, dass in einem bepflanzten Aquarium der kleinere Durchsatz vollkommen ausreicht, um den Nitratgehalt dauerhaft sehr niedrig zu halten. Gewählt wurde: Die notwendige Verweilzeit
im Filter beträgt 1 bis 1,2 Stunden (hochwertiges Filtermaterial
vorausgesetzt). Somit errechnet sich das erforderliche Filtervolumen zu 4
L/h x 1,2 h = 4,8 L also ungefähr 5 Liter. Konstruktion
Den Filter habe ich aus einem 80 cm langen, durchsichtigen PVC-Rohr (Durchmesser außen 110 mm/ innen 95 mm) und grauem PVC-Plattenmaterial wie in untenstehender Skizze dargestellt zusammengeklebt. Der eingesetzte PVC-Kleber löst das Material an und verschweißt es regelrecht. Daher ist es wichtig, dass auch für die Schlauchanschlüsse PVC-Fittings bzw. PVC-Verschraubungen verwendet werden.
Der Filter wird von unten nach oben durchströmt. Am Zulaufschlauch (12/16 mm) befindet sich ein Rückspülanschluss. Damit kann Schlamm aus abgestorbenen Bakterien per Rückspülung aus dem Filter entfernt werden. Der Zulauf vom Aquarium erfolgt über einen Schlauch 4/6 mm (wird normalerweise für Luft verwendet), der kurz vor dem Filter auf 6/9 mm erweitert wird und dann über ein T-Schlauchverbinder in die 12/16 mm Leitung einbindet. Es ist oft schwierig, den geringen Wasserdurchfluss eines Denitrifikationsfilters halbwegs präzise einzustellen. Mit der dünnen Zulaufleitung gelingt das ganz gut. Sie ist direkt an die Turbelle meines Biofilters angeschlossen. Die Turbelle fördert etwa 350 L/h aus meinem Biofilter mit 50 Litern Filtervolumen über eine PVC-Rohrleitung in das Aquarium zurück. Am Auslauf hat die Turbelle einen Anschluss für einen Luftschlauch. Dieser Anschluss ist eigentlich als Injektor gedacht, wenn die Turbelle als Strömungspumpe benutzt wird. Ich habe dort die Zulaufleitung des Nitratfilters über ein kleines Regulierventil angeschlossen. Damit lässt sich der Durchfluss des Filters nahezu tropfengenau justieren. Die Essigsäure wird mittels Dosierpumpe über einen Schlauch 4/6 mm, erweitert auf 6/9 mm in die Zulaufleitung 12/16 mm gefördert. Bei der Dosierpumpe handelt es sich um eine Schlauchpumpe (Zajak), die kleinste Mengen beliebig oft fördern kann. Einsetzbar sind auch Dosierpumpen z.B. aus dem Labor- oder Schwimmbadbedarf. Bei den Schwimmbadpumpen sind die Dosierintervalle meistens größer. Erfahrungsgemäß reicht eine Dosierung alle 2-3 Stunden aber auch aus. Der Rücklauf des Filters wird über einen Schlauch 12/16 mm zum Aquarium zurückgeführt.
Inbetriebnahme
Nach reichlichem Durchspülen wird der Filter wie beschrieben angeschlossen und zunächst 1 Woche ohne Essigsäuredosierung betrieben. In dieser Zeit kann die Einstellung des richtigen Durchflusses ausprobiert werden. Zum Start der Essigsäuredosierung sollte der Durchfluss möglichst gering eingestellt werden, so etwa auf die Hälfte des Auslegungswertes (hier: 2 L/h). Dosiert wird 2 - 5 %ige Essigsäure. Essigessenz (25 %ig) führt fast jedes Lebensmittelgeschäft. Die Essenz wird mit der mindestens 5-fachen Wassermenge verdünnt und in einem Gefäß bevorratet, aus dem die Dosierpumpe ansaugt. Der Essigsäure gebe ich flüssigen Volldünger zu. So brauche ich mich um die Düngung der Wasserpflanzen nicht weiter zu kümmern. Die Menge hängt vom Essigsäurebedarf und vom Nachdüngebedarf des Aquariums ab und kann nur individuell bestimmt werden. Übrigens brauchen nicht nur die Pflanzen, sondern auch die Filterbakterien etwas Eisen im Wasser, sonst funktioniert die Denitrifikation nicht. Die benötigte Essigsäuremenge
(5 %ig) in Gramm/Stunde kann wie folgt überschlägig abgeschätzt werden: Filterdurchfluss
x (Nitratgehalt / 85 + 0,1) = Essigsäurebedarf pro Stunde
hier (für 60
mg/l Anfangsnitratgehalt und 2 L/h Startdurchsatz des Filters): 2
L/h x (60 mg/l / 80 + 0,1) = 1,6 g/h 1 Gramm entspricht ungefähr einem Milliliter. Das ist, wie gesagt, nur ein grober Anhaltswert. Bei sehr hohen Nitratgehalten ist die Essigsäuremenge für max. 100 mg/l Nitrat zu bemessen, da ein höherer Abbau mit einem Filterdurchlauf voraussichtlich nicht bewirkt werden kann. Nach einigen Tagen kommt die Denitrifikation in Gang. Sichtbares Zeichen ist eine abfallende Redoxspannung im Filterauslauf. Die Redoxspannung liegt zu Beginn bei ca. +300 mV bis +500 mV. Wenn alles richtig funktioniert, wird nach spätestens 2 Wochen eine Spannung von -150 mV erreicht. Dann dürfte im Ablauf des Filters so gut wie kein Nitrat und Nitrit mehr nachweisbar sein. In der Einfahrzeit treten im Ablauf des Filters erhebliche Nitritgehalte auf. Daher ist der Nitritgehalt des Aquarienwassers ständig zu kontrollieren. Übersteigen die Werte 0,2 mg/l (im Aquarium), sind Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Durchsatz des Nitratfilters reduzieren, Wasserwechsel, Aquarium mit Sprudelstein belüften etc.). Auch der Sauerstoffgehalt ist zu beobachten. Steigt die Atemfrequenz der Fische, ist das Wasser zu belüften. Sauerstoffmangel tritt bevorzugt nachts auf und kann zum Tod aller Fische führen! Wird nach 2 Wochen keine deutlich negative Redoxspannung erreicht bzw. stagniert der Wert mehrere Tage im positiven Bereich, ist entweder die Essigsäuremenge zu erhöhen oder der Filterdurchsatz zu reduzieren. Unterschreitet die Redoxspannung etwa -250 mV, ist der Filterdurchsatz langsam auf den Auslegungswert (hier 4 L/h) anzuheben. Danach wird die Essigsäuremenge reduziert, um die Redoxspannung etwa zwischen -250 mV und -150 mV zu halten. Fällt die Redoxspannung unter -330 mV, besteht die Gefahr der Reduktion von Schwefelverbindungen mit den bekannten Folgen. Die gemessenen Redoxspannungen können je nach Elektrode und Messgerät etwas von den genannten Werten abweichen. Man kann sich die Obergrenze selbst festlegen, in dem die Redoxspannung bestimmt wird, ab der im Ablauf kein Nitrat und kein Nitrit mehr vorliegt. Bei sehr hohen Ausgangsnitratwerten kann es allerdings sein, dass ein vollständiger Nitratabbau mit einem Filterdurchlauf erst erreicht werden kann, wenn der Nitratgehalt im Ausgangswasser unter 60 –100 mg/l gefallen ist. Betriebserfahrungen
Der Nitratgehalt sinkt nun stetig, Werte unter 20 mg/l und darunter dürften problemlos zu erreichen sein. Dabei ist die Essigsäuremenge unter Beobachtung der Redoxspannung ständig den Erfordernissen anzupassen. Gerade bei niedrigen Nitratgehalten wird die Redoxspannung ziemlich instabil und schwankt in weiten Bereichen. Etwaige Über- oder Unterschreitungen der genannten Grenzwerte sind akzeptabel, solange nicht dauerhaft ein zu hoher oder zu niedriger Wert gefahren wird. Wer über ein Redoxmessgerät mit Steuerung verfügt, kann folgendes versuchen: Bei -300 mV wird die Dosierpumpe abgeschaltet und bei -200 mV wieder eingeschaltet. Das entbindet aber nicht davon, die Leistung der Dosierpumpe möglichst genau den Erfordernissen anzupassen. Der Filter ist in regelmäßigen Abständen durch Rückspülung zu reinigen, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Wenn sich zuviel Schlamm ansammelt, wird einfach das Rückspülventil geöffnet und die abgestorbene Bakterienmasse ausgespült. Im Grunde reicht es, das im Filter befindliche Wasser so zügig wie möglich abzulassen. Wenn die Filtermasse dabei kurzzeitig trocken fällt, schadet das nach meinen Erfahrungen nicht.
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